Nachdem ich schon länger voller Neid diverse "wilde" Färbungen in vielen Blogs bewundert hatte, wollte ich es nun auch endlich wissen. Es wird aber leider recht wenig preisgegeben zu diesem Thema. Man muß erst einmal überhaupt wissen, worauf es ankommt. Lediglich in meiner Sockenstrickgruppe findet sich dankenswerterweise ein Beitrag von Ewa zu den Basics des Wilderns. - Zuerst einmal muß die richtige Stranglänge für die gewünschte Maschenzahl errechnet werden. Also die Färbewolle hernehmen und eine Probe stricken, am besten 10 Runden im geplanten Muster. Dabei soll aber der Maschenanschag nicht mitgerechnet werden. Nun hieß es überlegen, wie das am besten zu machen ist. Gut ist, buntes Garn zu nehmen und erst mal damit ein Paar Runden zu stricken. Dann nehme ich den weißen Faden der Färbewolle und setze ihn an, stricke genau 10 Runden. Jetzt mache ich einen Knoten dicht am Fadenansatz und dann unmittelbar am Ende der 10 Runden. Wenn ich jetzt das Gestrickte auftrenne, habe ich zwischen den beiden Knoten die Strecke, die ich ausmessen muß.
Das war erst etwas problematisch, weil das Garn ja elastisch ist. Habe wohl mal lockerer oder straffer gemesen, und da das Bandmaß nur bis 1.50 m geht, muß man also immer wieder ansetzen. So bekam ich bei jeder der (acht!!) Messungen einen etwas abweichenden Wert, d.h. 851, 852, 855cm.... Ich war schon an der Grenze meiner Geduld! Nun teilt man den Wert durch 10 und hat die Länge einer Runde. Ich habe dann schließlich den Durchschnitt (85,3) genommen, mal 2 = zu wickelnde Stranglänge (ca. 171 cm). Nun habe ich überlegt, wie das Wickeln zu bewerkstelligen ist. Ich habe mich für 2 Stuhllehnen entschieden. Sicher etwas mühsam, aber etwas anderes stand nicht zur Verfügung. Ich habe erst einen bunten Faden mit der Länge 171 cm abgemessen, einen Knoten am Anfang und Ende gemacht und davor und danach noch ein Stück zum Festbinden um die Lehne gelassen. Dann habe ich die Stühle so lange verrückt, bis die 2 Knoten aneinander stoßen. Jetzt hatte ich den richtigen Abstand für meinen Färbestrang. Dann habe ich den Strang gewickelt und in etwa gleichen Abständen abgebunden.
Nun konnte das Experiment losgehen: Strang eingeweicht. Zwei alte Töpfe genommen, in jedem eine Farbe (Türkis und Purpur) mit heißem Wasser angerührt, Essig dazu und verdünnt, etwas köcheln lassen. In einem kleinen Glas noch ein wenig andere Farbe zum Überpinseln an den Ecken (Hellgrün). Nun den Strang an 2 gegenüberliegenden Seiten in die eine Farbe getaucht, mit den anderen 2 Seiten in die andere. An den Abbindestellen noch etwas Weiß gelassen bzw. noch etwas mit der 3. Farbe übermalt. Wie gesagt, es ging ziemlich schnell. Es war schon zienlich spät am Abend und mir kam es nicht auf Feinheiten an. Ich wollte nur wissen, ob ich es schaffen würde, überhaupt eine Art Wilderung zustande zu bringen, da war ich noch ziemlich skeptisch. Dann wie üblich, den Strang eng in einen Plastebeutel gewickelt, zugebunden und im Topf mit Deckel ca. 45 min. köcheln lassen. Dann abkühlen lassen, auswaschen und trocknen. Mit dem Ergebnis war ich zufrieden.
Gleich am nächsten Tag mußte ich es ausprobieren. Erst den Strang zum Knäuel wickeln. Wenn man niemanden zum Wickeln hat, geht es sehr gut mit 2 vollen Einmachgläsern, die man auf den Boden stellt und den Strang im Stehen darum abwickelt. Endlich konnte ich anstricken. Zuerst habe ich die "Brainless" angefangen, also toe-up gestrickt. Das war keine so gute Idee, da ja die Maschenzahl erst allmählich ansteigt und man erst relativ spät abschätzen kann, ob es überhaupt wildert. Das Ergebnis war aber nicht schlecht, es ergaben sich Spiralen:
So ganz zufrieden war ich aber noch nicht. Sollte es nicht noch besser gehen, am besten wären Farbflächen? Hatte der Strang aber auch die richtige Länge, so kamen mir doch Zweifel. Ich hatte schon einen Socken bis zum Schaftanfang gestrickt und beschloß dann doch schweren Herzens, hier den Faden abzureißen und es noch mal von oben zu versuchen, mit 60 Maschen, und das war gut so:
Ich konnte es kaum glauben beim Anstricken, es wilderte flächig. "Mehr Glück als Verstand" sagt man doch so, und das beim 1. Versuch. Ich war mehr als glücklich. Sie ist unglaublich kreativ und individuell, diese Art des Färbens. Es ist ein wenig so, als ob man ein Bild malt. - Es bedarf weiterer Versuche, um Erfahrungen zu sammeln. Natürlich kostete das alles Zeit und Nerven, aber Hauptsache ist doch, daß es geht. Es kann wirklich jeder versuchen. Und wenn man einmal seine Stranglänge hat und immer die gleiche Wolle benutzt, geht es das nächst Mal auch schneller.
So, bald kommt die nächste "wilde" Färbung. Ich denke, wie ich mich kenne mit meinem "Forscherdrang", daß diese Euphorie noch eine Weile anhält. Und meine Strickfreundin wird es mit mir probieren. Sie hat sich auch Färbewolle bestellt.
2. Juli 2009
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1 Kommentar:
Hallo Angelika,
du machst aber richtig schöne Versuche mit der Färberei und dann hast du auch noch ein Wildes Ergebnis bekommen - Glückwunsch! Ich habe auch schon im www viel gesucht und wenig dazu gefunden, wie man solche Wilderungen erhält. Mir ist per Zufall eine Wilderung gelungen, ich kann nur nicht nachvollziehen, wie und warum. Aber der Gedanke mit der Stranglänge ist bestimmt der richtige Weg. Ich bin dabei mir selbst Sockblanks zu stricken und wickel die Wolle vom Strang zuerst doppelfädig auf als Knäuel und stricke dann einen Blank. Meine ersten Versuche mache ich mit Nadelstärke 5,5 und schlage 64 Maschen an. Ich habe erst drei Blanks genadelt, möchte aber noch zwei stricken und dann mit den Färbeversuchen beginnen. Zwei habe ich mit nur 54 Maschen gestrickt, weil ich auch auf den Gedanken gekommen bin, dass es an der Länge liegen könnte. Ich bin gespannt, was bei deinen nächsten Versuchen herauskommt.
Schönes Wochenende wünscht
Stephanie
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